Page 5 - Liga-Journal für Ärzte 2013
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Die Volkskrankheiten Asthma und COPD
Nachdem die Prävalenz von Asthma Ende des Wissen zur Ätiologie, Pathogenese und Manage-
vergangenen Jahrhunderts in Westeuropa deut- ment der COPD ist limitiert. Die europaweite
lich angestiegen ist, scheint sich die Zunahme der Prävalenz der COPD liegt Schätzungen zufolge
bei über 40-Jährigen zwischen 5 und 10 % mit
Erkrankung jetzt in vielen Ländern abzuschwä-
chen. Dennoch leiden in Europa immer noch rund einer höheren Häufigkeit bei Männern. Präzise
30 Millionen Kinder und Erwachsene unter 45 Schätzungen der Inzidenz sind aufgrund in vielen
Jahren an Asthma, wobei Großbritannien und Ländern fehlender Daten kaum möglich.
Irland im weltweiten Vergleich zu den Ländern mit
den höchsten Inzidenzen zählen.
Die mit Abstand wichtigste Ursache der COPD ist
das Tabakrauchen. Zwischen 40 und 50 % der
Erwachsene mit Asthma können meistens mit lebenslangen Raucher entwickeln eine COPD,
einer regelmäßigen, niedrig dosierten Medikation während nur 10 % der Nichtraucher an COPD
eine gute bis sehr gute Kontrolle ihrer Erkrankung erkranken. Die Tatsache, dass nicht alle Raucher
eine klinisch signifikante COPD entwickeln, lässt
erreichen und ein normales Leben führen. Proble-
me bereitet jedoch eine kleine Untergruppe von vermuten, dass genetische Faktoren das individu-
Asthmatikern (10 %), die trotz hochdosierter elle Erkrankungsrisiko beeinflussen.
Medikation mit persistierenden Symptomen und
Exazerbationen zu kämpfen hat. Diese Patienten Aufgrund des limitierten Wissens über die COPD
mit schwer kontrollierbarem oder therapieresis- besteht ein dringender Forschungsbedarf u. a.
tentem Asthma sind sowohl zuhause als auch bei
• zur Pathogenese der COPD und wie diese
der Arbeit stark eingeschränkt und leiden oft an
den Nebenwirkungen ihrer hochdosierten Medika- modifiziert werden kann. Ziel dabei ist es, die
tion. Hier sehen die Experten einen Bedarf an Krankheitsmechanismen als Grundlage für die
Entwicklung neuer Therapieansätze zu verstehen.
neuen Therapieansätzen. Dazu ist aber erst
einmal ein besseres Verständnis der den verschie- • Zur Prävalenz und Inzidenz der verschiedenen
denen Phänotypen zugrundeliegenden Pathophy-
Phänotypen der COPD und deren ökonomische
siologie des Asthmas im Erwachsenenalter not- Auswirkungen,
wendig.
• zur Verbesserung der Diagnose der COPD,
COPD ist ein Syndrom mit vielen Phänotypen, die insbesondere zur Charakterisierung der unter-
bislang nur unzureichend typisiert wurden. Unser
schiedlichen Subgruppen bzw. Phänotypen.
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Fazit
Den Autoren des European Lung White Book ist es
trotz der enormen Bandbreite europäischer
Gesundheitssysteme mit viel Akribie gelungen, die
Bedeutung und Auswirkungen von Atemwegs- und
Lungenkrankheiten anhand der Prävalenz, Inzi-
denz und ökonomischer Aspekte aufzuzeigen und
aktuelle Diagnose- und Therapiestandards darzu-
stellen. Darüber hinaus deckt das europäische
Weißbuch Felder mit dringendem Forschungsbe-
darf auf. Damit leistet das Weißbuch einen wichti-
gen Beitrag zur gesundheits- und forschungspoli-
tischen Diskussion, verbessert die Aufmerksam-
keit der Öffentlichkeit gegenüber Erkrankungen
der Atemwege und erhöht die Reputation des
Fachs Pneumologie. Was das Weißbuch nicht
leistet, ist eine detaillierte Darstellung auf Länder-
ebene. Die aktualisierte Ausgabe des deutschen
Weißbuchs Lunge ist in Vorbereitung.
Das European Lung White Book ist kostenlos
online unter www.erswhitebook.org/ verfügbar
oder kann online (40 € für Mitglieder der ERS
bzw. 45 € für Nichtmitglieder) bestellt werden.